In öffentlich-privaten Partnerschaften arbeiten Akteure zusammen, die sich hinsichtlich ihrer Ziele, Erwartungen sowie der eingebrachten Ressourcen teilweise stark unterscheiden.
Daher muss eine Kooperation so ausgestaltet sein, dass jeder Akteur einen hinreichend starken Anreiz hat, seinen Beitrag zu erbringen. Mit dem spieltheoretischen
PPEC-Kooperationsmodell lässt sich durch Simulation weniger Parameter die Stabilität einer PPEC nachvollziehen.
In der Spieltheorie spielen sogenannten
Reaktionsfunktionen der Spieler bzw.
Akteure eine wichtige Rolle. Eine Reaktionsfunktion wird mathematisch aus den Zielen eines
Akteurs abgeleitet und veranschaulicht die jeweils optimale Reaktion auf die Entscheidung des Kooperationspartners.
Im Video werden die Reaktionsfunktionen vom „Staat“ – was hier vereinfacht für Behörden des Bevölkerungsschutzes steht, wie bspw. das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
oder das Technische Hilfswerk – und einer privatwirtschaftlichen Firma, z.B. einer Spedition veranschaulicht.
Die beiden Akteure wählen in unserem vereinfachten Beispiel die
Kooperationsintensität (dargestellt durch die Variable θ), d.h. wie stark sie sich in eine Kooperation einbringen wollen.
Die Höhe dieses Wertes wird von jedem Partner optimal bestimmt, d.h. so, dass es die eigenen Ziele maximiert. Die gewählte Höhe hängt sowohl von den Parametern der eigenen Reaktionsfunktion
ab (wie oben dargestellt) als auch von der Lage der Reaktionsfunktion des Partners.
Die folgenden Parameter beeinflussen die
Reaktionsfunktion des Staates:
Dauerkosten für Krisenvorbereitung → logistische Kosten und vorbereitende Kooperation mit der Firma; je höher diese Kosten sind, desto niedriger ist der Anreiz des Staates zur
Kooperation
Erwartetes Ausmaß einer Krise → nur für den Staat relevant: Grad der Betroffenheit der Bevölkerung; je höher der Grad der Betroffenheit, desto höher der Anreiz des Staates zur
Kooperation
Kooperationsbeitrag der Firma → je höher der Beitrag der Firma (z.B. durch Bereitstellung von Ressourcen), desto höher der Anreiz des Staates zur Kooperation. Haben beide einen
hohen Anreiz zur Kooperation, dann senkt dies die Transaktionskosten des Krisenmanagements für beide Parteien
Die folgenden Parameter beeinflussen die
Reaktionsfunktion der Firma:
Dauerkosten für Krisenvorbereitung → logistische Kosten (inkl. Opportunitätskosten, z.B. durch Eigenbedarf von Gütern und Ressourcen) und vorbereitende Kooperation mit
dem Staat; je höher diese Kosten sind, desto niedriger ist der Anreiz der Firma zur Kooperation
Erwarteter Eingriff des Staates in einer Krise → nur für die Firma relevant: Erwartet die Firma im Krisenfall einen staatlichen Eingriff (z.B. durch Beschlagnahmung von LKW o.ä.),
dann hat sie einen höheren Anreiz zur Kooperation, da eine kooperative, geplante Bereitstellung von Ressourcen für die Firma mit einem geringeren Risiko (bzgl. der Gefährdung der eigenen Prozesse)
einhergeht
Kooperationsbeitrag des Staates → je höher der Beitrag des Staates (z.B. durch Aufhebung des Sonntag-Fahrverbotes im Krisenfall), desto höher der Anreiz der Firma zur Kooperation.
Haben beide einen hohen Anreiz zur Kooperation, dann senkt dies die Transaktionskosten des Krisenmanagements für beide Parteien
Der
Schnittpunkt der Reaktionskurven stellt ein sogenanntes
Nash-Gleichgewicht dar: Dieses ist ein Zustand, in dem die Entscheidungen der beiden Akteure wechselseitig optimal sind, d.h.
keiner von beiden hat einen Anreiz davon abzuweichen. Das Nash-Gleichgewicht ist daher eine plausible Prognose des Interaktions-Ergebnisses.
Eine hohe Kooperationsintensität führt zunächst bei Staat und Firma zu höherem Aufwand, die Gesamtkosten sind jedoch für beide Partner umso niedriger, je ausgewogener ihre Beiträge sind. Wenn ein
Partner besonders viel, der andere aber besonders wenig in die Kooperation einbringt, dann kann der Ausfall des Einen durch zusätzlichen Einsatz des Anderen noch ausgeglichen bzw. „aufgefangen“
werden. Dadurch, dass demjenigen Partner, der den Zusatzaufwand erbringt, besonders hohe Kosten entstehen, wird die Kooperation sehr instabil und würde bei weiterem Rückzug des nicht-engagierten
Partners schließlich zusammenbrechen.
Mit diesem Modell lassen sich die Spielräume und Grenzen einer Kooperation und insbesondere ihre Ausgewogenheit und Stabilität analysieren. Des Weiteren kann man anhand eines solchen Modells simulieren,
ob bestimmte Vergütungssysteme die Effizienz der Kooperation erhöhen. Vergleichbare Ansätze werden auch in anderen Gebieten, wie bspw. zur spieltheoretischen Beurteilung der Anreize in Mergers & Acquisitions
sowie für Forschungs- und Entwicklungskooperationen herangezogen.
Diehlmann, F., Lüttenberg, M., Verdonck, L., Wiens,
M., Zienau, A. and Schultmann, F., (2021). Public-private collaborations in emergency logistics: A framework based on logistical and game-theoretical concepts. Safety Science, Vol. 141, 105301.