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Leitfaden zur Planung und Entwicklung einer Public-Private Emergency Collaboration





Was ist eine PPEC?



PPEC heißt Public-Private Emergency Collaboration und ist eine besondere

Form einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft im Bereich der Notfalllogistik,

die im Gegensatz zum einseitigen ordnungsrechtlichen Vorgehen des Staates zu

einer Verbesserung der Notfallversorgung führen kann.



Sind PPECs rechtlich zulässig?



Die Verfassung verbietet Kooperationen nicht per se. Allerdings sind in Abhängigkeit von

der konkreten Ausgestaltung rechtliche Anforderungen zu beachten. Zudem kann eine

rechtliche Flankierung der Kooperation Problemen wie einer nachlassenden

Kooperationsbereitschaft oder dem Trittbrettfahrerproblem begegnen.






Zusammenfassung

Die Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und Privaten im Bereich der Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern in Krisensituationen in Form einer sog. öffentlich-privaten Notfallkooperation (eng.:public-private emergency collaboration [PPEC]) kann im Vergleich zur Eingriffsverwaltung eine nicht unerhebliche Effizienzsteigerung bewirken. Die Vielzahl möglicher Kooperationsformen und der damit zusammenhängenden Problemstrukturen erschwert eine einheitliche rechtliche Bewertung. Im Folgenden sollen daher rechtliche Leitplanken für eine öffentlich-private Zusammenarbeit insbesondere im Bereich der Ernährungsnotfallvorsorge und der Prozess der Planung und Entwicklung von entsprechenden Partnerschaften skizziert werden.



Ausgangssituation


Ordnungsrechtliche Regelungen im Bereich der Ernährungsnotfallvorsorge nach dem ESVG

Das Ernährungssicherstellungs- und -vorsorgegesetz (ESVG) enthält zur Vorsorge für eine Versorgungskrise und in einer Versorgungskrise ordnungsrechtliche Regelungen im Hinblick auf die in einer Lebensmittellieferkette besonders relevanten Maßnahmen. Der Ereignisfall Versorgungskrise liegt vor, wenn durch die Bundesregierung festgestellt wurde, dass die Deckung des lebensnotwendigen Bedarfs an Lebensmitteln in wesentlichen Teilen des Bundesgebietes ernsthaft gefährdet ist und diese Gefährdung ohne hoheitliche Eingriffe nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln zu beheben ist. Eine Versorgungskrise kann dabei im Spannungs- oder Verteidigungsfall oder in Friedenszeiten vorliegen.

Maßnahmen zur Vorsorge für eine Versorgungskrise

Auf Grundlage von Rechtsverordnungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bzw. der Bundesregierung können gemäß § 11 ESVG Regelungen zu folgenden Maßnahmen erlassen werden:

Maßnahmen zur Sicherstellung der Grundversorgung in einer Versorgungskrise

Auf Grundlage von Rechtsverordnungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) können gemäß § 4 Abs. 1 ESVG Regelungen zu folgenden Maßnahmen getroffen werden:
Bis zum Erlass einer o.g. Rechtsverordnung nach § 4 Abs. 1 ESVG können durch Anordnung der zuständigen Behörde gemäß § 6 Abs. 1 ESVG folgende Maßnahmen getroffen werden:

Auskunftspflichten der Ernährungsunternehmen

Darüber hinaus besteht gemäß § 15 ESVG zur Ausführung des ESVG sowie auf Grund des ESVG erlassenen Rechtsverordnungen eine Auskunftspflicht für Ernährungsunternehmen insbesondere hinsichtlich Bestands- und Produktionsdaten. Dieser Auskunftspflicht wird eine Unterstützungspflicht der Ernährungsunternehmen zur Seite gestellt.

Ordnungsrechtliche Regelungen nach dem VerkLG

Das Verkehrsleistungsgesetz (VerkLG) sieht u.a. für den Fall der durch die Bundesregierung erfolgte Feststellung einer wirtschaftlichen Krisenlage, durch die die Versorgung mit Gütern des lebenswichtigen Bedarfs gestört ist, die Möglichkeit der Anforderung folgender Leistungen von Verkehrs- und Verkehrsinfrastrukturunternehmen, Reedern und sonstigen Eigentümern und Besitzern von Verkehrsmitteln oder von Infrastruktur (Leistungspflichtige) vor:
Anforderungsberechtigte Stelle ist u.a. die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Die jeweils zuständige Behörde (z.B. das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) für den Straßenverkehr) erlässt gegenüber dem Leistungspflichtigen einen Verpflichtungsbescheid. Koordinierende Behörde ist das BAG. Zudem besteht gemäß § 8 VerkLG zur Vorbereitung der Durchführung und zur Durchführung des VerkLG eine Auskunftspflicht des Leistungspflichtigen gegenüber der zuständigen Behörde. Diese umfasst insbesondere Daten über Art und Umfang von Bestandsmaterial und über die Anzahl von Beschäftigten.



Ergebnisse


Defizite der Eingriffsverwaltung und Kooperationspotentiale

Im Gegensatz zu einem einseitig imperativen staatlichen Vorgehen kann ein kooperatives, konsensuales Handeln die Akzeptanz und die Effizienz des Vollzugs der Maßnahmen erhöhen. Da die verschiedenen ordnungsrechtlichen Regelungen in einem nicht unerheblichem Maße – auch mit Hilfe von Expertenwissen – konkretisierungsbedürftig und überwiegend erst im Krisenfall anwendbar sind, besteht die Gefahr, dass ohne vorherige Abstimmung mit den potentiell Betroffenen, Maßnahmen getroffen werden, die nicht passgenau zu den jeweiligen Geschäftsprozessen sind und die Prozesse innerhalb einer Supply Chain erheblich stören. Stattdessen können kooperative, passgenaue Maßnahmen bereits vor dem Eintritt einer Versorgungskrise diese evt. verhindern bzw. eine schnellere Rückkehr zum Normalzustand gewährleisten.

Kooperationsformen

Der Begriff der Public Private Partnership (PPP) ist in rechtlicher Hinsicht trotz vereinzelter gesetzlicher Adressierungen und zahlreicher Umsetzungen in verschiedenen Anwendungsfeldern bislang unscharf geblieben. Anhand einer weiten Interpretation, die insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Schutz Kritischer Infrastrukturen vertreten wird, werden darunter jegliche Formen der kooperativen Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und Privaten verstanden, womit eine sehr hohe Ausgestaltungsvarianz einhergeht. So sind informelle Kooperationen, ebenso möglich wie gesetzlich oder vertraglich geregelte oder institutionalisierte Kooperationen. Diese können sowohl im Bereich der Rechtssetzung als auch der Rechtskonkretisierung sowie des Rechtsvollzugs erfolgen.

Als besondere Form der PPP im Bereich der Notfalllogistik zeichnet sich eine PPEC somit ebenfalls durch eine hohe Gestaltungsvarianz aus. So sind Kooperationen in einem zunächst informellen Rahmen wie dem vom NOLAN-Projektkonsortium vorgeschlagenen Arbeitskreis Notfalllogistik denkbar. Gleichzeitig sind als konkrete, im Rahmen des NOLAN-Projekts besonders analysierte Anwendungen einer Kooperation die gemeinsame Nutzung von Lagerhäusern für die Lebensmittelversorgung oder eine kooperative Trinkwassernotversorgung denkbar. Beispiele bereits praktizierter Kooperationen sind der UP KRITIS oder der Arbeitskreis “Sicherheit in der Logistik“ beim BMVI. Konkretes Beispiel einer normabwendenden Selbstverpflichtung ist der während der Corona-Pandemie geschlossene Gütertransportpakt.

Voraussetzungen und Bedingungen einer Kooperation

Als allgemeine Voraussetzungen für ein kooperatives Handeln werden folgende Punkte als besonders wichtig erachtet (Ritter, 1990)1:
Verfassungsrechtlich sind Kooperationen nicht per se ausgeschlossen. Vielmehr besteht grundsätzlich eine Rechtsformwahlfreiheit. Gleichwohl sind je nach konkreter Ausgestaltung verschiedene verfassungsrechtliche Anforderungen zu beachten. Dazu gehört insbesondere das aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip resultierende Gebot staatlicher Ingerenz, wonach angemessene Einflussrechte der öffentlichen Hand verbleiben müssen. Vor dem Hintergrund der Grundrechte, der Kompetenzregeln der Art. 72 ff. GG und Art. 83 ff. GG sowie von Art. 33 Abs. 4 GG ist zu prüfen, inwiefern ein sog. Staatsvorbehalt besteht, der einer Aufgabenerfüllung durch Private entgegensteht. Zudem ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 114 Abs. 2 GG, § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 BHO) zu beachten. Hinzukommen weitere Anforderungen des Haushaltsrechts, des kommunalen Wirtschaftsrechts, des Kartellrechts sowie des Vergaberechts.

Leitfaden zur Planung und Entwicklung von PPECs

Der folgende Leitfaden soll einen Überblick über einen möglichen Prozess der Planung und Entwicklung von Partnerschaften geben.

Demnächst zum Download verfügbar





1Ritter, Ernst-Hasso (1990): Das Recht als Steuerungsmedium im kooperativen Staat. In: Staatswissenschaften und Staatspraxis, S. 50–88